Konzertkritik

Schlanker Klang und dynamisch differenziert

CHORKONZERT  Kammerchor der Neuapostolischen Kirche sang in vollbesetzter St. Willehad-Kirche

Die Wilhelmshavener Kulturlandschaft ist mit mehreren erstklassigen Chören gesegnet. Einer davon ist der Kammerchor der neuapostoli­schen Kirche.

WILHELMSHAVEN/RP - Die Vorstellung, dass nur Popmusik und Klamauk volle Veranstaltungsräume garantiere, ist ein Irrglaube. Beim „Weihnachtsoratorium" waren in der Banter Kirche mehr als nur die Plätze besetzt, die sowohl Hören als auch Sehen ermöglichen. Das Konzert des Wilhelmshavener Streicherensembles am 2. Weihnachtsfeiertag in der Lutherkirche erlebten mehr als 300 Zuhörer und beim Konzert des Wilhelmshavener Vokalensembles am Sonntag waren in der Sengwarder Kirche nur ganz wenige Reihen frei. Und zu Beginn des quasi parallel dazu stattfindenden Konzertes des Kammerchores der Neuapostolischen Kirche in der St. Willehad Kirche stellte Pfarrer Heinrich gr. Hackmann fest, dass die Kirche lange nicht mehr so gut gefüllt war. Nicht nur, dass kein Sitzplatz mehr frei war; es mussten einige Besucher das Konzert stehend verfolgen.

Gerrit Junge, der Leiter des Kammerchores, hatte sich romantische Musik für dieses Neujahrskonzert ausgesucht. Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Hugo Wolf und Max Reger. Und sie geriet dem Chor im wahrsten Sinne des Wortes romantisch, aber nie im schwülstig-negativen Sinne. Gerrit Junge und seine 35 Sängerinnen und Sänger fühlten sich offensichtlich einem schlanken Klang verpflichtet, der Klarheit des musikalischen Textes und des Worttextes. Die Gestaltung der Dynamik war hochdifferenziert und die Klangbalance beeindruckend austariert.

Junge, der auch den jungen Chor von Musikschule und Sängerkreis leitet, bewies einmal mehr, dass er es ver­steht, seine Ensembles zu maximalen Leistungen zu führen. Allenfalls in den 8-stimmigen „Fest- und Gedenksprüchen" von Johannes Brahms, aus denen der Kammerchor die Teile „Morgengesang", „Unser lieben Frauen Traum" und „Nachtlied" interpretierte, waren zweitweilig dynamische und klangliche Härten herauszuhören, die die Grenzen des Chores aufzeigten, der - wohlgemerkt - kein professioneller ist.

Zudem erklangen Bearbeitungen von Werken der Komponisten Schumann, Goltermann und Mendelssohn Bartholdy, dargeboten von einem Bremer Cellisten-Ensemble mit Norbert Vahl, Ralf Gottschalk, Michael Stauß und Claus Möller. Das Quartett präsentierte sich mit einem eher verhaltenen, intimen Klang und schön homogenen Zusammenspiel, dem auch gelegentliche Intonationstrübungen keinen Abbruch taten.

Für den begeisterten Applaus am Ende des einstündigen Vortrages bedankte sich der Kammerchor mit einer wunderbar differenziert vorgetragenen Fassung des Liedes „Dat du min Leevsten büst".


Wilhelmshavener Zeitung, 10.01.2006

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