Konzertkritik

Stehende Ovationen für „Elias“

MUSIK Gelungene Oratoriums-Aufführung unter Leitung von Gerrit Junge

Hohen Ansprüchen gerecht wurde die Aufführung des Oratoriums „Elias". Die Neuapostolischen Kirche war voll besetzt.

VON JEAN

FEDDERWARDERGRODEN - Mit stehenden Ovationen endete am frühen Abend des Pfingstsonntags eine Aufführung des Oratoriums „Elias" von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Neuapostolischen Kirche in Fedderwardergroden. Den Beifall in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche hatten sich Steffen Schlandt und Gerrit Junge, die beiden Initiatoren dieses außergewöhnlichen Projekts, sowie ihre knapp 100 musikalischen Mitstreiter - Solisten, Vokalisten und Instrumentalisten - mehr als redlich verdient.

Insbesondere der - durch Ehemalige erweiterte - „Kammer"chor wusste durch seine intensive, spannungsreiche Gestaltung des umfangreichen Chorparts zu beeindrucken. Trotz der Erweiterung des Klangkörpers wirkte der Chorklang insgesamt homogen, schlank, frisch, mit nuanciertem Ausdruck und flexibel sowie - geraden in fugierten Teilen schön zu hören - transparent.

Das Attribut „Kammer" chor erscheint immer noch sinnvoll, ergänzten doch einige Chormitglieder mehrfach im Laufe des Oratoriums das Solistenquartett und bildeten mit ihm jeweils eine überzeugende klangliche Einheit.

Bestechend für die etwa zweieinhalbstündige Aufführung war die innere Beteiligung des Chores in allen Phasen, durch die die Dramatik der „Elias"-Geschichte überzeugend und ergreifend - im Sinne einer „Verkündigung" - vermittelt wurde. Wer etwa nach dem anstrengenden, aber überwältigend gestalteten „Wind"- und „Heilig"-Chor (Nr. 34 und 35) mit einem gewissen Einbruch beim folgenden Männerchor (Nr. 36) gerechnet hatte, der wurde überrascht von der Klarheit und Frische, mit der die Männer sich an dieser Stelle noch einmal steigerten.

Solche positiven Überraschungsmomente gab es mehrfach: So beeindruckte etwa im „Fürchte dich nicht"-Chor noch die Wucht und Energie der Aussage, ehe mit dem Tempowechsel zur Fuge hin auch eine angemessene Ausdrucksveränderung mit Bravour gelang.

Alle vier Vokalsolisten wussten in ihren Partien zu gefallen. Auch bei ihnen dominierte insgesamt ein eher schlankes Timbre sowie eine beeindruckende Flexibilität und Nachdrücklichkeit in der Textdeklamation und der inneren Ausgestaltung. Alle Solisten sangen auf einem hohen Niveau und hatten Mehrfach-Rollen wahrzu­nehmen, lediglich der baritonale Bass Nils Ole Peters in der Titelpartie war von dieser Mehrfachbelastung ausgenommen, hatte dafür aber den umfangreichsten solistischen Part zu bewältigen, was ihm auf beeindruckende Weise gelang.

Die übrigen Vokalisten differenzierten in ihren Rollen eindrucksvoll. Während bei Ina Jannsen (Sopran: Witwe, Engel, Knabe) in ihrer Gestaltung eine leichte Tendenz ins Opernhafte nicht zu überhören war, gefielen Arm Juliette Schindewolf (Alt: Engel, Königin) und Tobias Wall (Tenor: Obadjah, Ahab) durch ihre Klarheit und Natürlichkeit in der Stimmfärbung und Deklamation.

Das Hochschulorchester Brasov/Rumänien erwies sich in allen Orchestergruppen als homogen besetzt, zeigte sich flexibel in den unterschiedlichen Begleitaufgaben, demonstrierte überwiegend Souveränität bei den geforderten solistischen Aufgaben (die Celli „schwächelten" im 2. Teil der Nr. 26) und reagierte sensibel auf die klare, differenzierte Zeichengebung seines Dirigenten Gerrit Junge.

Der lang anhaltende Beifall war ein schöner Lohn für das aufwändige, Zukunft verheißende Projekt einer Zusammenarbeit zwischen beiden Musikgruppen.


Wilhelmshavener Zeitung, 17.05.2005

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