Aufführung setzte Meilenstein
Oratorium „Elias" in neuapostolischer Kirche dargeboten
WILHELMSHAVEN Mit der Aufführung des Oratoriums „Elias" op. 70 von Felix Mendelssohn Bartholdy erlebte die Jadestadt an Pfingsten in der neuapostolischen Kirche in Fedderwardergroden ein außerordentliches, auf hohem Niveau stehendes Musikereignis. Anlass war das zehnjährige Jubiläum des Kammerchors Wilhelmshaven der neuapostolischen Kirche, der zurzeit aus 35 Sängern besteht, sich aber für die Oratoriums-Aufführung aus dem Kreis der Ehemaligen auf 60 Mitglieder verstärkt hatte. 40 Musiker des Hochschulorchesters Brasov der UniversitätTransilvania in Rumänien wirkten als Orchester mit. Dazu kamen die Solisten Ina Jannsen (Sopran) Hannover, Arm Juliette Schindewolf (Alt) Graz, Tobias Wall (Tenor) Stuttgart, und Nils Ole Peters (Bass) Hannover. Die Gesamtleitung hatte der Wilhelmshavener Gerrit Junge.
Den Text schrieb Julius Schubring aus dem 1. und 2. Buch der Könige des AltenTestaments. Die Handlung schildert Episoden des Propheten Elias, der im Reich Israel in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. lebte. Mendelssohn Bartholdy hatte seinen „Elias" in den Jahren 1837/38 entworfen.
Die Aufführung am Sonntag war mit 400 Besuchern ausverkauft, zur zweiten Vorstellung am Montag waren noch ein paar Plätze frei. So verpassten einige Wilhelmshavener die hervorragende Aufführung. Die Elementarkräfte Wasser, Erdbeben, Feuer und Sturm ergriffen musikalisch das Publikum. Der Chor (das Volk) klagt „Hilf' Herr, hilf' Herr! Willst du uns denn gar vertilgen?" Der Prophet Elias hat in Zarpath das Kind einer Witwe zum Leben erweckt. Ein Regenwunder löst die Dürrejahre ab. Die Wechselgesänge zwischen Elias, Engel, Volk, Obadjah und der Witwe bannten die Zuhörer.
Wärme strahlte die Stimme der Altistin Arm Juliette Schindewolf aus, bewegt füllte Sopranistin Ina Jannsen ihren Part, deutlich in der Artikulation trug Bassist Nils Ole Peters die Worte des Elias vor, ausdrucksstark vervollständigte Tenor Tobias Wall das souveräne Solistenquartett. Der Kammerchor der neuapostolischen Kirche löste seine Aufgabe mit vehementem Einsatz, verschmolz rhythmisch mit dem Orchester, war groß im Crescendo, wirkte zeitweise zweichorig und präsentierte auch solistisch seine brillanten Nuancen. Wuchtig und präzis jubelte das Volk zum Schluss des ersten Teils „Dank sei dir Gott, du tränktest das dürst'ge Land".
Im zweiten Teil steigert sich die Dramatik. Die Königin hetzt gegen EJias. Akkordschläge des Orchesters und der chorische Aufschrei „Er muss sterben", begleitet von rasenden Orchesterfiguren, geführt von peitschendem Rhythmus, steigern die Wut des Volkes. Mit der Erscheinung des Herrn strebt der zweite Teil seinem Höhepunkt entgegen. Begütigend wirkte der Schlusschor.
Das Oratorium „Elias" wird geprägt von barocker Formstrenge und romantischer Gefühlswärme. Noch bevor die Nazis Felix Mendelssohn Bartholdy verboten, war die Popularität des „Elias" zugunsten einer neuen Sachlichkeit verblasst. Dieser Trend verkehrt sich aber wieder ins Gegenteil. Auf diesem Weg wird die Wilhelmshavener Aufführung ein Meilenstein sein.
Ernst Richter
Jeversches Wochenblatt, 18.05.2005